In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit dem Thema STP Edge Ports bei HPE ArubaOS-S Switches. Konzept und Kommandos sind also gültig für die "ProCurve" Switchfamilie. Die aktuellen ArubaOS-CX Switches verwenden dasselbe Konzept, jedoch andere Bezeichnungen und eine andere Konfiguration.
Zunächst zur Problemstellung: Spanning Tree Protocol (STP) stellt eines der ältesten Protokolle in der Netzwerktechnik dar, und es ist noch immer in den meisten Unternehmensnetzen im Einsatz, da sich alle über die Zeit entwickelten Alternativen aufgrund diverser Nachteile (meist herstellerproprietäre Ansätze) nicht durchsetzen konnten. Mittlerweile liefern uns die immer häufiger genutzten Virtualisierungstechniken wie – im HPE Umfeld – IRF (Comware), VSF (ArubaOS-Switch und ArubaOS-CX) und VSX (ArubaOS-CX) zwar den Schlüssel, um redundante Netzwerke ohne STP zu bauen. Dennoch verbleibt das Risiko versehentlich oder mutwillig herbeigeführter Schleifen mit den bekannten, katastrophalen Auswirkungen auf das Netz. Insofern ist selbst dann, wenn aufgrund der logischen Struktur des Netzes theoretisch auf STP verzichtet werden könnte, allein aus Gründen der Sicherheit ein Einsatz zu erwägen. Dies soll an anderer Stelle diskutiert werden.
Der Begriff Edge (engl. „Rand“) wird meist in der HPE Welt verwendet. Bei anderen Herstellern ist eher der Begriff „Access“ gängig. Da wir uns hier aber auf den HPE/Aruba Bereich konzentrieren, wird im Folgenden von „Edge“ die Rede sein. Der Edge definiert sich durch die hier angeschlossenen Endgeräte wie PCs, IP-Telefone, WLAN Access Points, Kameras usw. Hierfür werden häufig vergleichsweise einfache und kostengünstige Switches mit 24 oder 48 Ports und PoE (Power over Ethernet) eingesetzt, da es in diesem Bereich vorwiegend darum geht, eine große Anzahl von Geräten an das Netz anzubinden. Die hier benötigten Funktionen und Protokolle sind im Vergleich zu übergeordneten Bereichen im Netz überschaubar. VLANs und Quality of Service wären etwa Beispiele hierfür.
Der „klassische“ Spanning Tree 802.1D in seiner frühen Form unterschied nicht zwischen Edge Ports und Interswitch Links. Insofern wurden die Edge Ports wie alle anderen Ports auch den Zustandsübergängen im STP unterworfen. Wurde etwa ein an den Switch angeschlossener PC angeschaltet, so befand sich der zugeordnete Switchport nach dem „LINK UP“ event zunächst per STP Protokoll im Status „BLOCKING“. Über die bekannten STP Timer wurde er dann „LISTENING“ – „LEARNING“ und schließlich „FORWARDING“ und damit aktiv. Durch die timergesteuerten Übergänge entstand eine erhebliche Latenz von 30 bis 50 Sekunden, bevor der Port tatsächlich produktiv für den PC nutzbar war. Neben diesem unschönen bis problematischen Effekt kam es auch bei jedem Bootvorgang zu einer Topologieänderung, die aufgrund derSTP Mechanismen alle Switches in der STP Domäne veranlasste, ihre MAC-Adresstabellen zu löschen. Spätestens dieses Verhalten ist in größeren Netzen nicht tragbar, weshalb man schon früh nach Möglichkeiten gesucht hat, damit sinnvoll umzugehen.
Mit RSTP (802.1w, Seit 2004 Bestandteil von 802.1D-2004 und damit der Standard STP) wurde das Problem gelöst, indem die Möglichkeit vorgesehen wurde, die Edge Ports entweder durch den Administrator festlegen (also konfigurieren) zu lassen (sogenannter Admin Edge Port), oder die Ports automatisch zu erkennen (Auto Edge Port). Einzelheiten dazu legt der Standard nicht fest, sondern überlässt sie den jeweiligen Herstellerimplementierungen.
In der ArubaOS-Switch Familie (früher ProCurve) werden beide Möglichkeiten unterstützt. Wird STP in der Variante RSTP oder MSTP (der Default) aktiviert, so ist standardmässig auch das Feature Auto-Edge aktiv. Auto-Edge erkennt STP Edge Ports, indem es unmittelbar nach Aktivwerden des Ports dort auf die STP Dateneinheiten (BPDUs) lauscht. Die Logik sagt, dass wenn auf dem Switchport ein Switch mit aktiviertem STP läuft, innerhalb von 3 Sekunden eine BPDU eintreffen wird. Umgekehrt wird das Ausbleiben von BPDUs innerhalb dieser 3 Sekunden so interpretiert, dass kein STP „sprechendes“ Device (also ein Switch) dort angeschlossen ist. Folglich wird der Port nach 3 Sekunden in den Status „FORWARDING“ übergehen, denn auf einem Endgerät kann nie eine für STP relevante Schleifenbedingung entstehen.
Im Event Log des Switches ist gut nachvollziehbar, dass zwischen dem Blockieren eines Edge Ports durch STP und dem Verfügbarwerden nur knapp 5 Sekunden vergehen, wenn Auto-Edge aktiviert ist (zu lesen sind die Einträge von unten nach oben):
I 21/03/09 20:30:10 00076 ports: port 1 is now on-line |
Ob ein Port als STP Edge Port erkannt wird, ist in der Ausgabe des „show spanning-tree“ Kommandos bei der Portübersicht zu sehen:
Switch# sh spanning-tree |
Wie bereits erwähnt ist das Feature auto-edge per Default aktiv. Es lässt sich mit dem Kommando
Switch(config)# no spanning-tree 1-8 auto-edge-port
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abschalten. Dies ist in den meisten Fällen jedoch nicht notwendig.
Um zu verifizieren, ob das Feature aktiv ist, kann das Kommando „show spanning-tree <Portlist> config“ verwendet werden. Es zeigt neben Auto-Edge auch noch den Status weiterer, portspezifischer STP Features an:
Switch(config)# sh spanning-tree config |
Auch die zweite im 802.1D-2004 Standard vorgesehene Variante, die Admin-Edge Ports, wird von HPE Aruba Switches unterstützt. Im Gegensatz zu Auto-Edge muss diese jedoch per Kommando durch den Administrator aktiviert werden.
Switch(config)# spanning-tree 1-8 admin-edge-port
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Admin-Edge überspringt auch die 3 Sekunden Wartezeit, die mit Auto-Edge verbunden sind, und überführt die gewünschten Ports sofort in den FORWARDING Status. Die Verfügbarkeit der Ports wird also nochmals beschleunigt. Wenn Admin-Edge aktiviert wird, wird die Auto-Edge Einstellung durch den Switch nicht mehr beachtet.
Admin-Edge ist in der Lage, auf eintreffende BPDUs zu reagieren, die anzeigen, dass ein STP-aktivierter Switch angeschlossen wurde. In diesem Fall verliert der betreffende Port die Edge Eigenschaft und wird ein Non-Edge Port, der von STP verwaltet wird.
Die zuletzt erwähnte Eigenschaft von Admin-Edge, die konfigurierten Edge Ports nach Erkennung einer BPDU in einen „regulären“, von STP verwalteten Switchport zu konvertieren, birgt Risiken. Wird ein Switch an einen Port angeschlossen, der als Edge Port vorgesehen war, so wird dies in den meisten Fällen ohne Kenntnis des Administrators erfolgen. Läuft auf dem angeschlossenen Switch eine STP Implementierung, deren Interoperabilität mit den übrigen Switches nicht gegeben ist, kann dies netzwerkweite Effekte nach sich ziehen, die die Verfügbarkeit des gesamten Netzes gravierend beeinträchtigen können.
Daher wird Admin-Edge meist mit BPDU-Protection kombiniert, einem weiteren STP Portfeature. BPDU-Protection „lauscht“ auf den hierfür aktivierten Ports auf eintreffende BPDUs. Wird eine solche BPDU erkannt, fährt BPDU-Protection den Port herunter.
Switch(config)# spanning-tree 1-8 bpdu-protection
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Der Port bleibt deaktiviert, bis er vom Administrator wieder aktiviert wird. Alternativ kann mit dem folgenden Kommando ein Timeout gesetzt werden, nach dem der Port wieder automatisch hochgefahren wird.
Switch(config)# spanning-tree 1-8 bpdu-protection-timeout 60
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Der Timeout wird im Beispiel auf 60 Sekunden gesetzt. Das Timeout-Kommando ist nicht auf allen Plattformen verfügbar (beispielsweise nicht auf Aruba 2530).
Ein aktives Management der Edge Ports im Netzwerk ist notwendig, und zwar nicht nur um die Ports während ihrer Aktivierung schneller verfügbar zu machen, sondern auch um häufige Topologieänderungen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für Umgebungen mit einer großen Anzahl von Endgeräten wie PCs, die täglich gestartet werden.
Grundsätzlich kann das bei den ArubaOS-S Switches automatisch aktivierte Feature Auto-Edge hierzu eingesetzt werden. Die verzögerte Verfügbarkeit von 3 Sekunden liegt unterhalb der Dauer eines Bootvorgangs für einen typischen PC. Wird stattdessen Admin-Edge konfiguriert, kann die Verfügbarkeit nochmals beschleunigt werden. Admin-Edge sollte jedoch immer zusammen mit BPDU-Protection eingesetzt werden. So wird effektiv verhindert, dass an Edge Ports von Anwendern mitgebrachte, unbekannte Switches angeschlossen werden, auf denen STP läuft. Dies kann unvorhersehbare, katastrophale Effekte auf die STP Domäne haben und muss daher unterbunden werden.
Admin-Edge mit BPDU-Protection kann allerdings nicht effektiv den Anschluss von Switches OHNE aktiviertes STP verhindern, denn diese versenden keine BPDUs. Da STP ein Enterprise-Feature ist, welches nur in höherwertigen Switches überhaupt verfügbar ist, wird dies leider den Regelfall für dieses Szenario darstellen. Um auch diesen Fall abzufangen, kann z.B. Port Security mit einer Restriktion auf die Anzahl der MAC-Adressen pro Port eingesetzt werden.